Legen Sie Ihre Schüchternheit ab!

Schüchtern

Vielen Menschen fällt die Kommunikation schwer und sie haben Hemmungen, auf andere zuzugehen. Oft meiden die Betroffenen soziale Kontakte und werden immer einsamer. Doch das muss nicht sein!

Die Sprache ist eines der wichtigsten Werkzeuge im menschlichen Zusammenleben. Sie gestattet es uns, Meinungen und Informationen auszutauschen und anderen unsere Gefühle und Befindlichkeiten mitzuteilen. Doch leider schaffen es viele Menschen nicht, dieses wertvolle Mittel so einzusetzen, wie es vorgesehen ist.
Die Ursachen für diese Hemmungen liegen meist in negativen Erlebnissen, die dazu führen, dass die Betroffenen sich selbst geringer einstufen, als es objektiv begründet wäre. Ihr mangelndes Selbstwertgefühl löst Ängste aus, sich einer peinlichen Situation auszusetzen, unangenehm aufzufallen oder sich lächerlich zu machen. Diese Furcht kann so groß werden, dass schüchterne Personen andere Menschen immer mehr meiden und sich am liebsten in ihre eigenen vier Wände zurückziehen, wo sie sich sicher fühlen.
Damit setzen diese Leute allerdings einen Teufelskreis in Gang, aus dem sie sich nur schwer aus eigener Kraft befreien können: Je mehr sie sich isolieren, desto schwerer fällt es ihnen, offen auf andere Menschen zuzugehen – und je schwerer ihnen dieser Kontakt fällt, desto größer wird ihre Isolation. Das führt schließlich dazu, dass die Betroffenen immer einsamer werden, obwohl sie sich eigentlich nach Kontakten mit anderen und nach menschlicher Wärme sehnen würden!
Umso wichtiger ist es, dass sich schüchterne Menschen klar darüber werden, dass sie nicht allein sind! Im Gegenteil: Schüchternheit ist keineswegs ein Leiden, von dem nur eine kleine Minderheit betroffen ist! Rund drei Viertel aller Mitteleuropäer bekommen feuchte Hände, zittrige Knie, schlotternde Beine und ein ungutes Gefühl in der Magengrube, wenn sie gezwungen sind, sich unter Leute zu mischen, wie das etwa bei einem Meeting, einem Seminar, einem Vortrag, einer Versammlung, einer Lehrveranstaltung oder einer simplen Party der Fall ist.

Angst vor Zurückweisung

Dabei ist es keineswegs die bloße Anwesenheit fremder Menschen oder gar die Furcht, diese könnten uns verbal oder körperlich attackieren: Es reicht bereits die Angst, dass wir uns in deren Gegenwart nicht so verhalten könnten, wie es von uns erwartet wird, und sehr oft sind es unbegründete Fantasien, die uns schon im Vorfeld vor Augen führen, was schiefgehen kann und wie wir uns blamieren könnten!
Das kennt die kontaktscheue Nadja nur allzu gut. Vor Kurzem wurde die 28-jährige Buchhalterin zur Geburtstagsparty einer Arbeitskollegin eingeladen. Worüber sich andere Menschen freuen würden, bereitete Nadja schon im Vorfeld größte Probleme, denn kaum war die Einladung ausgesprochen, machten sich bereits die ersten Ängste bemerkbar, die in den acht Tagen bis zur Party immer größer wurden: „Am liebsten hätte ich aus gesundheitlichen Gründen abgesagt, aber dann hätte ich mich auch bei der Arbeit krankmelden müssen, weil meine Kollegin mir sonst auf die Schliche gekommen wäre,“ sagt Nadja zerknirscht.
Also fasste sie sich ein Herz und ging mit einem mulmigen Gefühl zur Wohnung ihrer Kollegin, wo bei ihrer Ankunft bereits fröhliches Treiben herrschte. Sie läutete zaghaft, grüßte leise in die Menge, übergab dem Geburtstagskind sein Geschenk und suchte sich rasch ein Plätzchen in einer kaum einsehbaren Ecke. Dort saß Nadja zwei Stunden lang, nahm schließlich ihren ganzen Mut zusammen, um sich etwas vom Buffet zu holen, setzte sich wieder hin und widmete sich den Leckereien.
Nach einer weiteren Stunde bedankte sie sich bei der Gastgeberin und machte sich erleichtert auf den Heimweg. Dabei sinnierte sie über die rund zwanzig Leute, die auf der Party ihren Spaß hatten, gestand sich dabei ein, dass einige davon doch ganz nett schienen, und hasste sich wieder einmal dafür, es nicht geschafft zu haben, wenigstens mit einem oder zwei Gästen zu sprechen.
„Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist! Ich habe irgendwie das Gefühl, dass sich niemand für mich interessiert und ich jedem, den ich anspreche, auf die Nerven gehe! Also versuche ich es erst gar nicht“, fügt sie resignierend hinzu und ist der Überzeugung, eine weitere Bestätigung für die Tatsache erhalten zu haben, dass sie eben ein uninteressanter Mensch ist …

Das Einmaleins des Small Talks

Wie anders hätte der Abend doch verlaufen können, hätte Nadja ihre Ängste überwinden und ihre Schüchternheit ablegen können! Wäre sie eine selbstbewusste Frau, so hätte sie sich nach der Begrüßung und der obligatorischen Gratulation am Buffet bedient und spätestens dort mit den ersten Leuten ein Gespräch angefangen. Ob man miteinander kann oder nicht, zeigt sich ohnehin schon nach wenigen Sätzen …
Die Frage ist nun: Was muss Nadja tun, um sich so verhalten zu können? Zunächst muss sie erkennen, dass sie ein wertvoller Mensch ist, mit dem ein Gespräch ebenso interessant sein kann wie mit anderen. Daher braucht sie auch nicht darauf zu warten, dass jemand das Wort an sie richtet, sondern kann durchaus selbst ein Gespräch beginnen! Das Thema spielt dabei eine untergeordnete Rolle, da beim Small Talk ohnehin weder intime Erfahrungen ausgetauscht noch ideologische Diskussionen geführt werden. Gemeinsamkeiten sind rasch gefunden, indem man den anderen freundlich anlächelt und fragt, woher er oder sie die Gastgeberin kenne – alles Weitere ergibt sich meist von selbst …
Dazu muss Nadja aber auch die Angst überwinden, einen Korb zu bekommen! Beim Small Talk ist es wie bei der Partnersuche – nur harmloser: Die Menschen sind unterschiedlich und manche harmonieren besser miteinander als andere. Das hat nichts damit zu tun, dass mehr oder weniger wert wäre, sondern einzig und allein damit, ob man mit dem anderen auf einer Wellenlänge liegt oder nicht!
Menschen, die als „Everybody’s Darling“ gelten, sind nicht nur selten, sondern erkaufen sich diese Gunst zumeist durch eine ordentliche Portion Selbstverleugnung! Solange Nadja höflich und freundlich ist und sich dennoch treu bleibt, wird sie mit Sicherheit jemanden finden, der sich gern mit ihr unterhält – auch, wenn das vielleicht nicht beim ersten Anlauf, sondern erst beim zweiten oder dritten Versuch klappt!
Das Risiko, bei der Wahl der Gesprächspartner danebenzugreifen, lässt sich übrigens minimieren, indem man infrage kommende Personen schon im Vorfeld abcheckt! Wer das Gegenüber dezent beobachtet, Blickkontakt herstellt und es freundlich anlächelt, kann an dessen Reaktion leicht erkennen, ob es an einem Gespräch interessiert ist oder nicht …

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